WIldvögel

Warum ist die Frühjahrsfütterung fast wichtiger als die Winterfütterung?

Alljährlich nimmt die Vogelwelt in unseren Breitengraden um ein Prozent ab, da weniger natürliche Nahrungsressourcen im Frühjahr und Sommer für Gartenvögel zur Verfügung stehen. Als Hauptgründe für den aktuellen Rückgang der Vogelpopulationen ist besonders das nasse Frühjahrswetter und der fortwährende, aggressive Pestizideinsatz in der Landwirtschaft angegeben. Das nasse Wetter führt dazu, das viele Jungvögel unterkühlen und es generell weniger Nahrungsinsekten schlüpfen. Weniger Insekten bedeuten weniger Futter und damit weniger gelungene Bruterfolge und -aufzuchten.

 

Warum ist eine Frühjahrsfütterung sinnvoll?

Der Energiebedarf der Vögel ist im Frühjahr und Sommer grundsätzlich höher als in den klassischen Wintermonaten. Es beginnt die Brutzeit, die Tage sind länger und die Vögel sind von der Morgen- bis zur Abenddämmerung unterwegs. Sie haben daher einen weitaus höheren Energiebedarf als im Winter, wenn sie an kurzen Tagen die meiste Zeit aufgeplustert im Gebüsch sitzen und nur wenig fliegen, um in nahrungsknapperen Zeiten keine Energie zu verlieren. Zu dieser Zeit kommen auch die Zugvögel aus ihren Überwinterungsgebieten zurück. Sie treffen hierzulande auf die ohnehin schon ausgeräumte, kahle Kulturlandschaft, in der die vom Winter und von den Standvögeln übrig gelassenen letzten natürlichen Futterressourcen den Tieren kaum genug Nahrung überlässt Im Frühjahr gibt es noch keine Beeren und Früchte, da sie bis den Sommer oder sogar Herbst hinein reifen müssen. Eine Zufütterung ist nicht vogelschädlich, denn die Vögel verlieren auf diese Weise nicht ihren Jagdtrieb. Bei Futterzugaben aus Menschenhand haben Untersuchungen ergeben, das Elterntiere das ihnen angebotene Fett für sich selbst nutzen, um die Suche nach Insekten für ihre Jungen auszuweiten. Vögel stellen also bei Zufütterung die Jagd nicht ein, sie entscheiden durchaus selbst, was sie wann und welcher Menge fressen mögen. Wichtig ist nur, dass man Ihnen ganzjährig Futter anbietet, sodass sich Vögel im Notfall auf diese Nahrungsquelle verlassen können.

Sind Nistkästen nur Brutplätze?

Natürlich dienen Nistkästen vor allem als Bruthilfe für Vögel im Frühjahr. Sie erfüllen aber auch im kalten Winter wichtige Aufgaben, die weit weniger bekannt sind. Dabei bieten sie nicht nur Vögeln, sondern auch Insekten und kleinen Säugetieren ein schützendes Heim in kalten Nächten.

 

Im Spätsommer sollten vorhandene Vogelnistkästen gereinigt werden. Haben Sie den Termin verpasst, dann solltet Sie im Herbst die Nistkästen nicht mehr säubern. Nach dem Ausflug der Vormieter könnten sich nämlich durchaus neue Bewohner einquartiert haben. Die alten Nester dienen unter anderem Meisen, Spatzen oder Zaunkönigen als Unterschlupf. So mancher Vogelnistkasten könnte aber auch von kleinen Säugetieren, wie beispielsweise Eichhörnchen oder Fledermäusen, belegt sein, die man ebenfalls nicht stören sollte. Sie sollten daher erst frühestens im Februar oder März des darauffolgenden Jahes gereinigt werden. Wenn sich allerdings noch alte Eier oder gar tote Küken im Nest befinden, so sollte man den Nistkasten aufgrund möglicher Krankheitserregern und Parasiten unbedingt samt Nest entfernen.

Wie können Sie artgerecht und richtig füttern – das ganze Jahr!

Immer wieder kommen Menschen mit der Frage auf uns zu: Sollte man über die Wintermonate hinaus überhaupt füttern? Und wenn ja, warum und was?

 

Der Trend der Ganzjahresfütterung nimmt langsam zu, doch gibt es immer noch viele Unsicherheiten zum Thema. In unserer Bevölkerung ist das Bewusstsein der ganzjährigen Vogelfütterung weit weniger verankert als zum Beispiel in Großbritannien, wo es sehr erfolgreich ist und eine lange Tradition besitzt.

 

Erschreckend ist der starke Rückgang unserer heimischen Vogelarten. Die IUCN Weltnaturschutzunion stuft circa 50% der heimischen Arten als „gefährdet“ ein. Seit den 1950er Jahren haben intensive Landwirtschaft mit vermehrten Monokulturen, verstärkter Einsatz von Pestiziden sowie Landbebauung und Flächenversiegelung für einen starken Rückgang von Flora und Fauna in Deutschland gesorgt. Durch den massiven Eingriff des Menschen stehen unseren Wildvögeln immer weniger natürliche Nahrungsquellen zur Verfügung. Das gilt für die Ballungszentren, in denen Sträucher, Hecken und Wälder in großem Maß vernichtet wurden, inzwischen aber auch für viele ländliche Regionen Deutschlands. Hinzu kommt der Trend eines Purismus in der modernen Gartengestaltung, wo florierende Gärten durch versiegelte Flächen und Steingärten umgestaltet werden. Wildblumen und Kräuter, Hecken, „Unkraut“ und andere wildbelassene Bepflanzungen verschwinden. Chemische Unkrautvernichtungsmittel tun ihr übriges. All das führt nicht nur zu immer weniger Futter, sondern auch zu weniger natürlichen Rückzugs- und Schutzmöglichkeiten für Gartenvögel, Igel oder Eichhörnchen.

 

Naturschutzverbände weisen darauf hin, dass vor allem ein prinzipielles Umdenken in der Politik nötig ist. Maßnahmen zur Verringerung von Pestiziden, das belassen von natürlichen Feldrändern und Stoppelfeldern sind entscheidend für den Erhalt unserer heimischen Natur und Artenvielfalt. Auch wenn nicht alle Verbände hinter einer Ganzjahresfütterung stehen, so müssen sie doch gestehen, dass durch die Freude am Beobachten der Tiere am Futterplatz auch Kinder und Jugendliche an den Naturschutz herangeführt werden können. Befürchtungen wie dass die Vogelfütterung in das natürliche Gleichgewicht eingreife und Vögel natürliches Futter daher nicht mehr suchen würden haben sich als unerheblich erwiesen. Zudem sorgt die Klimaerwärmung dafür, dass Zugvögel immer früher heimkehren. Mit Ganzjahresfutterstellen können so Frühheimkehrer wie Rotschwänze, Grasmücken, Laubsänger oder Goldhähnchen unterstützt werden.

 

Einige namhafte Vogelforscher haben schon vor Jahren darauf hingewiesen, wie wichtig eine angepasste Ganzjahresfütterung ist und setzen sich für diese ein. Um die 50 Vogelarten können mit einer hochwertigen Ganzjahresfütterung erreicht werden. Vorreiter ist nach wie vor der bekannte Ornithologe Prof. Peter Berthold, ehemaliger Direktor der Vogelwarte Radolfzell, der sich insbesondere auf Studien aus Nachbarländern wie Großbritannien beruft und die Ganzjahresfütterung ausdrücklich empfiehlt. Auch Naturschutzstiftungen wie die Heinz Sielmann-Stiftung oder die Deutsche Wildtier-Stiftung unterstützen die Ganzjahresfütterung. Letztere setzt sich zudem sehr aktiv mit Aktionen für bedrohte Arten ein, insbesondere für den Arterhalt des Haussperlings, da die Population inzwischen je nach Region 20-50 % zurückgegangen ist.

Was können Sie als Beitrag zum Arterhalt tun?

Richten Sie einen vogelfreundlichen Garten oder Balkon ein. Auch begrünte Garagendächer, efeubewachsene Schuppen und Rankgitter können helfen. In Hecken und Büschen finden die Tiere neben Futter den nötigen Schutz und Nistmöglichkeiten. Laub- und Komposthaufen bieten durch die darin lebenden Fruchtfliegen, Regenwürmer und Schnecken eine hervorragende natürliche Futterquellen für Vögel. Das Pflanzen von heimischen Wildpflanzenarten wie samentragenden Stauden und Kräutern zieht Insekten an und im Umkehrschluss auch insektenfressende Vögel wie Stieglitze, Girlitze, Gimpel, Zaunkönig, Rotkehlchen und Meisen. Alle samentragenden Stauden und Kräuter sollten bis ins Frühjahr stehen gelassen werden, da sie oft ihre Samen bis dahin ausstreuen.

 

Hygiene am Futterplatz sollte bei der Freifütterung auch nicht vernachlässigt werden. Daher ist Sorgfalt beim regelmäßigen Reinigen der Futterhäuser eine wichtige Grundlage für die Gesundheit der Tiere. Verwenden Sie keine Desinfektionsmittel, sondern warmes Wasser und Wurzelbürsten. Schützen Sie das Futter vor Regen und Feuchtigkeit und füllen Sie das Futter am besten immer abends auf, da viele unserer Vögel Frühaufsteher sind. Beim Auslegen von Streufutter ist auch das Wechseln von Futterplätzen empfehlenswert! Bedenken Sie, wenn man ganzjährig füttert, so muss man diese Fütterung auch konsequent durchhalten.

 

Vögel sowie Eichhörnchen und Igel brauchen außerdem Wasserstellen, die täglich erneuert werden sollten um Krankheiten vorzubeugen. Futterplätze und Wasserstellen müssen für die Vögel gut überblickbar sein, damit sie ihre natürlichen Feinde, die Katzen, rechtzeitig sehen und fliehen können.